Wie wichtig es ist, „in gesunden Tagen“ Vorsorge für den Fall der Geschäftsunfähigkeit zu treffen, ist inzwischen bekannt. Doch nicht jeder, der zum Thema Vorsorge informiert und berät, hat ausschließlich die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger im Sinn.
Fragwürdige Geschäftsmodelle kommerzieller Verwahrunternehmen
Die steigende Bedeutung von General- und Vorsorgevollmachten sowie Patientenverfügungen im alltäglichen Leben hat auch dazu geführt, dass Einzelne aus der Privatwirtschaft hier ein lukratives Geschäftsfeld für sich entdeckt haben:
Privatunternehmen werben mitunter mit der vermeintlich sicheren, treuhänderischen Verwahrung der Originalvollmachten und Patientenverfügungen sowie dem weltweiten sofortigen Zugriff auf die digitalisierten Kopien – selbstverständlich gegen ein nicht unerhebliches Entgelt. „Vorsicht!“, warnt Stephanie Reber, Notarassessorin bei der Landesnotarkammer Bayern. „Geben Bevollmächtigte Originaldokumente aus der Hand, ist die sofortige Handlungsfähigkeit im Vorsorgefall gefährdet.“ So ist beispielsweise die Kündigung eines Mietvertrages durch Bevollmächtigte unwirksam, wenn die Vollmachtsurkunde nicht im Original oder in Ausfertigung vorgelegt werden kann und der Vermieter oder die Vermieterin die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Auch bei einer Patientenverfügung können Probleme auftreten. Sie bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, muss also eigenhändig unterschrieben sein. Grundsätzlich ist zwar auch die elektronische Form möglich. Technisch bedarf es dann aber einer besonderen qualifizierten elektronischen Signatur. Die Unterschrift mit einem elektronischen Stift auf einem Tablet reicht ebenso wenig aus wie digitale Kopien von Papierurkunden. Die beworbene weltweite Zugriffsmöglichkeit auf digitalisierte Papierdokumente bietet Bürgerinnen und Bürgern keinen Mehrwert gegenüber einem selbst erstellten Scan, der sie wesentlich günstiger käme. Da bei einfachen Kopien – seien es digitale oder analoge – keine Gewähr dafür besteht, dass die Vollmacht oder Patientenverfügung nicht zwischenzeitlich widerrufen und die Originale vernichtet wurden, werden sie im Rechtsverkehr zu Recht nicht akzeptiert.
Im Ernstfall bedeutet dies: Nach der Einlieferung in ein Krankenhaus fragen Ärztinnen oder Ärzte häufig nach Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Die Angehörigen wissen zwar von deren Existenz. Wurden die Dokumente jedoch bei einem Privatunternehmen in Verwahrung gegeben, sind die Originale nicht sofort verfügbar. Angehörige müssen in der Notsituation unter Hochdruck alle Hebel in Bewegung setzen, um schnellstmöglich an das Originaldokument zu gelangen. Gewonnen haben Bürgerinnen und Bürger dadurch nichts. Im Gegenteil: Sie zahlen obendrein noch gutes Geld.
Sofortige Handlungsfähigkeit und sichere Aufbewahrung des Originals gibt’s ohne Zusatzkosten bei Notarinnen und Notaren!
Vorteile bietet die notariell beurkundete General- und Vorsorgevollmacht, wenn gewünscht mit Patientenverfügung. Die Originalurkunde wird von der Notarin bzw. dem Notar ohne Zusatzkosten in die Urkundensammlung genommen und dort über Jahrzehnte sicher aufbewahrt. Worin der Unterschied zur kommerziellen Verwahrung liegt, erläutert Reber: „Vollmachtgeberinnen und Vollmachtgeber bzw. deren Vertrauenspersonen erhalten nach Errichtung der notariellen Urkunde von dieser sogenannte Ausfertigungen. Eine Ausfertigung stellt keine bloße Kopie dar, sondern ist im Rechtsverkehr wie das Originaldokument zu behandeln. Somit können mehrere ‚Originale‘ produziert werden.“ Durch Vorlage einer Ausfertigung können eine Bevollmächtigung oder die Erklärungen in einer Patientenverfügung rechtssicher und zuverlässig nachgewiesen werden.
Ein weiterer großer Vorteil gegenüber privatschriftlichen oder rein unterschriftsbeglaubigten Vollmachten: „Bei Verlust besteht die Möglichkeit, nachträglich weitere Ausfertigungen bei der verwahrenden Notarin oder dem verwahrenden Notar zu beantragen. Auf Wunsch des Vollmachtgebers kann Notarinnen und Notaren sogar die Befugnis eingeräumt werden, unter genau festgelegten Bedingungen Ausfertigungen direkt an die Bevollmächtigten auszuhändigen“, weiß Reber. So lassen sich sofortige Handlungsfähigkeit in akuten Notsituationen, Ersatz bei Verlust und sichere Aufbewahrung ohne Zusatzkosten miteinander vereinen. Bei der nicht beurkundeten Vollmacht oder Patientenverfügung ist es bei einem Verlust oder einer Zerstörung hingegen nicht möglich, Ersatz zu bekommen, vielmehr ist eine Neuerrichtung nötig. Das ist aber nicht möglich, wenn der oder die Erklärende nicht mehr geschäftsfähig ist.
Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister ist ein Muss
Wichtig ist nach Errichtung einer Vorsorgevollmacht und/oder einer Patientenverfügung auch, dass diese beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (www.vorsorgeregister.de) registriert wird. Damit können im Notfall Betreuungsgericht und behandelnde Ärztinnen und Ärzte schnell und zuverlässig in Erfahrung bringen, ob es eine Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung gibt und mit den registrierten Vertrauenspersonen in Kontakt treten.